SACHSEN DEPESCHE: Herr Dr. Krah, wie haben Sie die alliierten Luftschläge auf Syrien wahrgenommen, was war Ihr erster Gedanke?
Maximilian Krah: Ich war erschrocken und verärgert. Immerhin wurde Donald Trump ja auch deshalb gewählt, weil er das militärischen Engagement der USA begrenzen wollte und derlei Interventionen zu beenden versprach.
SACHSEN DEPESCHE: Bereuen Sie, Trump 2016 offen als US-Präsidenten favorisiert zu haben?
Maximilian Krah: Das eher nicht, wenn ich auch meine Enttäuschung nicht verhehlen möchte. Doch ein Donald Trump, der nicht alle Wahlversprechen hält, ist allemal besser, als eine Präsidentin Hillary Clinton, die ihre vielleicht gehalten hätte. Jedenfalls hatte Clinton im Wahlkampf angekündigt, in Syrien die Russen direkt angreifen zu wollen. Den Dritten Weltkrieg als Wahlversprechen! Doch davon sind wir auch nach diesem ärgerlichen Raketenangriff weit entfernt.
SACHSEN DEPESCHE: Was macht Sie da so sicher?
Maximilian Krah: Vielleicht muß man genau hinsehen: Trump gab ja zunächst den Russen wie den Syrern mehrere Tage Zeit, Waffen und Truppen in Sicherheit zu bringen. Der Angriff erfolgte nachts, als die Zielkorridore menschenleer waren. Die entstandenen Schäden sind überschaubar. Vor den Luftschlägen gab es Kommunikation zwischen amerikanischem und russischem Militär, wohl auch zwischen Weißem Haus und Kreml. Am Ausgang des syrischen Bürgerkriegs kann der Angriff nichts ändern, Assad wird obsiegen. Es war also eher Theaterdonner.
SACHSEN DEPESCHE: Theaterdonner, aber wozu?
Maximilian Krah: Es geht hier um amerikanische Innenpolitik. Bedenken Sie, dass Trump gegen beide großen US-Parteien gewählt wurde. Er hat also keine wirklichen Verbündeten in der Ministerialbürokratie, den Geheimdiensten, keine in der Großindustrie, im Silicon Valley oder an der Wallstreet. Man spricht vom „deep state“, dem tiefen Staat. Dessen Exponenten sind alle im Kalten Krieg sozialisiert worden, für die ist Russland der ewige Feind. Zudem machen sie Geschäfte mit Saudi-Arabien, sind entsprechend korrumpiert und negieren deshalb vielleicht die Gefahr des Islamismus. Diesen Leuten ist Trump mit seiner grundsätzlichen Offenheit für Russland suspekt, ja fast eine Art Hochverräter. Und denen musste er nun entgegenkommen.
SACHSEN DEPESCHE: Von wem sprechen wir da konkret?
Maximilian Krah: Nahezu die gesamte Demokratische Partei ist davon geprägt. Hillary Clinton hat im Wahlkampf so argumentiert. Clinton und Obama haben mit dieser Politik den ganzen Nahen Osten destabilisiert. Auch das Establishment der Republikaner tickt so. John McCain, der mächtige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, ist ein Kriegshetzer schlimmster Art. Wo immer er auftaucht – Ukraine, Libyen, Syrien – bricht nachher Krieg aus. Jeb Bush, der ursprüngliche Favorit für die republikanische Nominierung, wollte ebenfalls in Syrien intervenieren. Dieser Drang also, sich weltweit einzumischen, ist quasi einhellige Meinung der politischen und medialen Eliten in den USA. Und wenn Sie dann noch George Soros dazunehmen, der in jedem James-Bond-Film den Oberschurken spielen könnte, ergibt das dann die Anti-Trump-Koalition.
SACHSEN DEPESCHE: Es war aber nun Trump, der angriff. Hat er also die Seiten gewechselt und sich seinen Gegnern angeschlossen?
Maximilian Krah: Das ist die Befürchtung seiner Unterstützer. Alex Jones von InfoWars, einer einflussreichen Pro-Trump-Nachrichtenseite, ist auf Sendung sogar in Tränen ausgebrochen. Die konservative Publizistin Anne Coulter hat Trump offen kritisiert. Tucker Carlson, der die auf dem Nachrichtensender Fox reichweitenstärkste Politiksendung der USA betreibt, trommelte vehement gegen die Aktion. Auch Nigel Farage, der einst die Brexit-Bewegung anführte, hat Kritik getweetet. Nur: wenn wir die Attacke jetzt mit einigen Tagen Abstand betrachten, hat Donald Trump eben nur einen Pseudo-Angriff gestartet.
SACHSEN DEPESCHE: Ein taktisches Manöver, um politische Gegner zu täuschen? Was leiten Sie daraus ab?
Maximilian Krah: Dass Donald Trump zu schwach ist, sich den Falken beider Parteien komplett zu erwehren, aber stark genug, ihre Eskalationsstrategie zu sabotieren.
SACHSEN DEPESCHE: Den Einsatz von Giftgas durch Assad-Truppen problematisieren Sie nicht?
Maximilian Krah: Zunächst einmal bestehen an diesem Vorwurf erhebliche Zweifel, das räumt ja auch das US-Verteidigungsministerium ein. Ginge es tatsächlich um Giftgas, hätte man auch das Ergebnis einer unabhängigen Untersuchung abwarten können. Generell sollte man nach dem Irak, Libyen, auch dem Kosovo-Krieg, bei diesen moralischen Kriegsgründen skeptisch sein. Zumal: Wie glaubwürdig ist denn die Empörung über Assads vorgebliche Kriegsführung, wenn man gleichzeitig zu dem schmutzigen Krieg der Saudis im Jemen schweigt, der ja auch mit westlichen Waffen geführt wird. Die einzig plausible Erklärung ist, dass es hier um geopolitische Ansprüche eines Teils der US-Eliten geht, denen Trump Respekt gezollt hat, ohne sie ernsthaft zu erfüllen.
SACHSEN DEPESCHE: Die deutsche Politik hat den Angriff überwiegend begrüßt ...
MAXIMILIAN KRAH: Die AfD und Teile der Linkspartei nicht!
SACHSEN DEPESCHE: Gut, es gab auch Nuancen und Kritik. Aber alles in allem ...
Maximilian Krah: Angela Merkel hat den Angriff begrüßt und doch eine Beteiligung der Bundeswehr ausgeschlossen. Angesichts des - auch von der Kanzlerin zu verantwortenden - Zustands deutscher Streitkräfte, ist das keine große Friedensleistung. Interessant ist, dass mit Alexander Graf Lambsdorff sich ein führender Liberaler f ü r eine Bundeswehrbeteiligung ausgesprochen hat. Wer die FDP als eine „bürgerliche“ Alternative zur AfD sieht, sollte auch wissen, dass er damit Leute unterstützt, die Krieg führen wollen.
SACHSEN DEPESCHE: Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte eine deutsche Beteiligung an einem Militärschlag gegen Syrien immerhin ausgeschlossen ...
Maximilian Krah: Dieser Herr Maas hat die Angriffe auf Syrien eben als "angemessenes und erforderliches Signal" bezeichnet. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal Gabriel oder Steinmeier nachtrauere, aber selbst diese beiden grauen Parteisoldaten hatten mehr Rückgrat. Die SPD ist ja traditionell die Partei eines Ausgleichs mit Russland. Dass die Union bedingungslos alles bejubelt, was aus Washington, London oder Paris kommt, weiß man. Schon Adenauer galt ja als „Bundeskanzler der Alliierten“. Die SPD war da schon ausgewogener, und insbesondere Gerhard Schröder hat diesen Ausgleich praktiziert. Mit Heiko Maas scheint das nun vorbei zu sein.
SACHSEN DEPESCHE: Wird der Angriff auf Syrien auch Einfluss auf die Flüchtlingsfrage in Europa haben?
Maximilian Krah: Kaum. Ich hatte ja eingangs erwähnt, dass der Sieg Assads davon nicht abhängen wird. Die Amerikaner werden ihren Abzug fortsetzen, da ist Trump konsequent. Die Flüchtlingsfrage hängt überhaupt nicht an diesem Krieg, eher an dem Wahn unserer politischen und medialen Eliten, in Deutschland alles „bunt und vielfältig“ machen zu wollen. Deshalb wird es auch keine Rückführungen nach Syrien geben, wenn dieser Krieg einmal vorbei ist.
SACHSEN DEPESCHE: Was für Folgen sehen Sie dann?
Maximilian Krah: Langsam müsste jedem klar sein, wer in den westlichen Ländern Kriege riskiert. Es sind eben nicht die Rechten. Die AfD in Deutschland, die Freiheitlichen in Österreich, der Front National in Frankreich, die „Rechtspopulisten“ also, stehen klar gegen diese Eskalation und jede antirussische Scharfmacherei. Auch PEGIDA forderte schon 2014 „Frieden mit Russland“. Die Etablierten aber überziehen Russland mit Sanktionen, rüsten auf und wollen die Bundeswehr weltweit als Hilfstruppe einsetzen. Wer also wirklich Frieden will, sollte sich in Zukunft dreimal überlegen, wen er da wählt.
SACHSEN DEPESCHE: Und was heißt das dann für Ihre politische Arbeit?
Maximilian Krah: Außenpolitisch geht es darum, einen neuen Kalten Krieg zu verhindern. „Es ist besser, gut mit Russland auszukommen, als nicht gut mit Russland auszukommen“, dieser Satz hat Donald Trump zum Feind der Kriegstreiber gemacht. Also machen wir ihn uns zu eigen! Russland ist unser Partner nicht allein bei der Sicherung des Friedens, sondern auch in der Energieversorgung. Europapolitisch müssen wir EU-Länder stärken, die dies ebenso sehen. Ich denke, dass ich da meinen Teil beitragen kann.
SACHSEN DEPESCHE: Herr Dr. Krah, vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person: Dr. Maximilian Krah (41) ist in Räckelwitz bei Bautzen geboren und lebt seit seiner Kindheit in Dresden. Er ist verwitwet und Vater von sechs Kindern. Nach Abitur (Kreuzgymnasium) und Wehrdienst, Studium der Rechtswissenschaften in Dresden (Dr. iur.) und Betriebswirtschaft in London und New York (M.B.A.). Seit 2005 als Rechtsanwalt tätig. Schon als Schüler in der Jungen Union (JU) aktiv, gehörte der bekennende Katholik seitdem der CDU an, die er im September 2016 verließ. Seit 2017 stellvertretender Landesvorsitzender der sächsischen AfD.