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Der Queckbrunnen in der Wilsdruffer Vorstadt

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Der Dresdner Queckbrunnen

Dresden – Unweit von Postplatz und Zwinger, an der Hertha-Lindner-Straße, steht Dresdens ältester Brunnen. Am damaligen Weißeritzmühlgraben in der Wilsdruffer Vorstadt hatten sich einst Mitglieder der Gerberzunft niedergelassen. Zwischen Gerbergasse (heute Theaterstraße) und dem Eingang zur Grünen Gasse stand – vor dem katholischen Waisenhaus – der 1461 erstmals erwähnte Queckbrunnen.

Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg und Neubebauung haben sein historisches Umfeld ausgelöscht. Und doch hat sich mit der schlichten Brunnenanlage – neben Moritzmonument und Brückenmännchen – auch eines der alten Dresdner Wahrzeichen erhalten, dessen Geschichte in eine Zeit zurückreicht, die noch voller Geheimnisse und Wunder war. So soll der auch „Queckborn“ (Quickborn = lebendiger Quell) genannte Brunnen über ein besonderes Wasser verfügt haben, mit dem kinderlos gebliebene Dresdnerinnen schwanger zu werden hofften. Nicht von ungefähr, gilt doch Wasser seit Menschengedenken als Urstoff allen Lebens, symbolisieren Brunnen weibliche Fruchtbarkeit. Im Christentum lebte dieser Glaube fort, war anstelle der altgriechischen Najaden die Verehrung der Gottesmutter getreten.

Irgendwann hatte man an der Quelle ein Marienbild aufgestellt und eine Wallfahrt veranstaltet, was den Pfarrer Peter Eisenberg veranlasst haben mag, um den Bau einer Kapelle „Zu unserer lieben Frauen Queckborn“ nachzusuchen. Der Meißner Bischof Johann VI. von Saalhausen (1444-1518) stimmte zu. Die Kapelle wurde errichtet, seit 1514 galt der Brunnen als heilkräftig. Wallfahrer kamen und den Frauen wurden nun „durch die Gnade der Heiligen Jungfrau“ Kinder geschenkt. „Der Klapperstorch holt die Kinder aus dem Queckbrunnen“, soll ein Altdresdner Sprichwort gewesen sein.

Nachdem jedoch die – zur Erhaltung der Elbbrücke verwendeten – Einkünfte der Wallfahrten nach dem in der benachbarten Kreuzkirche aufgestellten „Schwarzen Herrgott“, einem angeblich mit Menschenhaut überzogenen Kruzifix, spürbar nachließen, wurde Herzog Georg der Bärtige (1471-1539) angerufen. Georg verstand, entsandte Botschafter zum Vatikan, die Kapelle wurde aufgehoben und 1539 wieder abgetragen. Der Queckbrunnen aber blieb und erlebte in den vergangenen Jahrhunderten manche Renovierung.

Seine heutige Gestalt wurde 1870 nach Entwürfen des Architekten Julius Koch (1837-1894) geschaffen. Das quadratische Brunnenhaus misst 1,34 Meter Seitenlänge und ist 3,60 Meter hoch. Der Wasserauslauf erfolgt über ein Kupferrohr auf der Südostseite, über dem ein Dresdner Stadtwappen eingelassen ist. Seit jeher ziert ein (mehrfach erneuerter) metallener Storch, der vier Wickelkinder trägt, das ziegelgedeckte Walmdach. Rückseitig ist das Brunnenhaus von einer Eichentür verschlossen.

Den Krieg hat die Anlage überstanden, doch waren Storch und Pumpenschwengel verlorengegangen. 1965 wurde der Brunnen geringfügig versetzt und an die Wasserversorgung angeschlossen. Zahlreiche Teile mussten nach den brüchig gewordenen Originalen ersetzt werden, den heutigen Storch schuf die Schlossermeisterin Ellen Klinger-Großmann 1986. Zehn Jahre später wurde erneut rekonstruiert. Am 22. März 1997 bekamen die Dresdner ihren ehedem wundertätigen Brunnen zurück, der – warum eigentlich nicht – schon manchem sächsischen Kindlein zum Leben verholfen haben soll.

 

Literatur:

Detlef Eilfeld / Jochen Hänsch: Das Dresdner Brunnenbuch. Wasser in seiner schönsten Form, Band I, Dresden 2013.
Wilhelm Schäfer: Deutsche Städtewahrzeichen. Ihre Entstehung, Geschichte und Deutung. Erster Band, Leipzig 1858.

 

Und hier geht es zu weiteren Dresdner Wahrzeichen:

https://www.sachsen-depesche.de/kultur/dresden-das-brückenmännchen-an-der-augustusbrücke.html

https://www.sachsen-depesche.de/kultur/das-moritzmonument-an-der-brühlschen-terrasse.html

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